Von der Kugel besessen - Eine Spielbank und ihre Kunden

Sie verbringen fast jeden Abend am grünen Tisch, im Bann einer weißen Kugel, manchmal auch den ganzen Tag. Sie sind besessen von der Hoffnung auf das kleine oder große Glück: Stammkunden der Spielbank Wiesbaden. Wenn der Croupier das Spiel eröffnet, legt jeder auf den Tisch, was er hat: Ein-Euro-Jeton oder Tausender. Und der Nervenkitzel beginnt, alle drei Minuten neu, bis zum glücklichen Sieg oder der vernichtenden Niederlage. Zwei Tage und zwei Nächte blickt die Reportage den Spielern über die Schulter und zeigt, wie sie an ihrer Taktik feilen, ihre Erfolge feiern und ihre Verluste verkraften.
Der pensionierte Lufthansa-Chefsteward Andreas H. kommt stets mit guten Vorsätzen ins Casino: nur kleine Einsätze und geringes Risiko. Aber sobald er unter den glitzernden Lüstern des Wiesbadener Traditionshauses steht, vergisst er Taktik und Vernunft, bis die Taschen leer sind. Andreas H. führt ein echtes Doppelleben, auch wenn er diesen Begriff nicht sonderlich mag: nachts zockt er am grünen Tisch, tagsüber kümmert er sich rührend um seine geistig behinderte 16-jährige Tochter. Die Kamera begleitet ihn von der Spielbank nach Hause und wieder zurück an den Kessel, in dem die weiße Kugel rollt.
Hier wacht Saalchef Bruno H. über das Wohl und Wehe der Spieler. Ihm vertrauen sie alle, und er greift ein, wenn ein Zocker seine Existenz aufs Spiel setzt - solche Kandidaten schickt er schon mal nach Hause, auch wenn das der Bank nicht wirklich nützt. Die Hausfrau Uschi E. verbringt jede freie Minute am Roulettetisch, zusammen mit ihren Freundinnen. Sie spielt konsequent mit kleiner Münze, aber dafür täglich. Und in den Pausen zwischen zwei Casinobesuchen trainiert sie zu Hause am Computer oder spielt Karten mit ihrer trickreichen 93-jährigen Mutter, die nicht immer auf kleine Schummeleien verzichten mag, denn auch sie will vor allem eines: gewinnen.