Bruder Johannes, der Präsident - Abschied von Schloss Bellevue

Mitte des Jahres ist Amtswechsel im Schloss Bellevue, dem Sitz des deutschen Staatsoberhauptes: Bundespräsident Johannes Rau geht in den Ruhestand und beendet damit seine über fünfzigjährige politische Laufbahn.

Der Wuppertaler gilt am Ende seiner Amtszeit als ein "politischer Präsident", der zu den Fragen der Zeit in seinen Reden prononciert Stellung bezieht, sich aber - dem Auftrag des Amtes gemäß - aus der Tagespolitik heraushält.

Rau stammt aus einer christlich geprägten Familie und trat früh in die SPD ein, wo er wegen seiner betont protestantischen Herkunft stets der "Bruder Johannes" blieb. Seine politische Karriere vereint fast alle politischen Positionen: Oberbürger-meister, Minister, Ministerpräsident, Parteivorsitzender, Kanzlerkandidat, Bundespräsident. Zwanzig Jahre lang war Rau Regierungschef des bevölkerungs-reichsten Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. Dabei hat er vor allem die Fähigkeit zum Ausgleich von politischen und persönlichen Gegensätzen entwickelt.

Auf seinem langen politischen Weg gelang es ihm, zahlreiche Mitstreiter in sein erfolgreiches Machtsystem einzubinden. Sein Anspruch auch als Bundespräsident war stets, moralisch und christlich fundierte Wegweisungen zu geben. Rau wirkt durch Worte, durch persönliche Kontakte, die er als Politiker in einem halben Jahrhundert aufgebaut und intensiv gepflegt hat, Er hat viele durch seine humorvolle, anekdotenreiche Erzählweise schnell überzeugt.

Die ZDF-Autoren Joachim Jauer und Bernd Mosebach zeigen in ihrem Film private Momente aus dem Leben von Johannes Rau, blicken zurück auf wesentliche Stationen seiner Karriere und begleiten ihn während seiner letzten Monate als Bundespräsident. Etwa auf seinem Staatsbesuch in Afrika, den er wegen Terrorwarnungen frühzeitig abbrechen musste, auf seinen Reisen nach Ungarn und Polen, wo er das wiedervereinte demokratische Deutschland repräsentiert.

Der Film gibt einen Einblick in Raus terminreichen Tagesablauf, der von Empfängen, Reden aber auch nicht- öffentlichen Gesprächen und zahlreichen Kontakten mit Bürgern geprägt ist. So zum Beispiel die Begegnung des 73-jährigen Präsidenten mit dem gleichnarnigen zwölfjährigen Berliner Schüler Johannes Rau.