Roman Polanski: Wanted and Desired (OmdU)

Marina Zenovich reißt in ihrem Dokumentarfilm alte Wunden auf, doch nicht um sie erneut plakativ auszuschlachten, sondern um die paradoxen Züge des lange zurückliegenden Gerichtsprozesses ans Licht zu bringen. Der gesamte Film ist ohne eine Zusammenarbeit mit Polanski selber entstanden. Zenovich bedient sich alter Aufnahmen, Fragmenten seiner Filme und dem Gespräch mit den damaligen Schlüsselfiguren des Rechtssystems. Eine zentrale Figur in ihrer Demaskierung ist sicherlich der zuständige Richter, der weniger am Wohlbefinden des Opfers interessiert war, weniger Wert legte auf ein Streben nach Gerechtigkeit, als an einer möglichst medienwirksamen Darstellung seiner selbst. Oberflächlich schien der Fall wie ein gewöhnlicher Prozess abzulaufen, mit Argumentationen, Streitfragen und verschiedenen Urteilsauffassungen. Doch blickt man hinter die Kulissen entpuppt er sich als reine Farce mit einem Richter, der eher wie ein Regisseur agiert und seinen Schauspielern, Staats- und Rechtsanwalt, die „richtigen“ Worte in den Mund legt.

Polanski, der wohlhabende und erfolgreiche Ausländer von eher kurzer Statur, war das perfekte Feindbild und während ihn die Medien in Europa fast schon als Opfer des Systems abbildeten, fielen die Schlagzeilen in Amerika wie ein Raubtier über ihn her. Als die Situation groteske Züge annahm verschwand er, setzte sich in Frankreich ab und kehrte seiner Wahlheimat den Rücken zu. Selbst heute würde ihm dort noch eine Verhaftung drohen. Doch Zenovichs Film möchte nicht nur das Portrait eines großen Künstlers gerade rücken, sondern versteht sich vielmehr als aufklärendes Dokument Zeitgeschichte. Sie hat ausführlich recherchiert und lässt auch das Opfer ausgiebig zu Wort kommen. Was bei jenem Fotoshooting wirklich genau geschah wissen nur die beiden Anwesenden, nach dem Film weiß zumindest der Zuschauer Bescheid über das menschenunwürdige Prozedere des Prozesses.